Buxtehuder Tageblatt

Sie geben dem Krebs ein Gesicht

Buxtehuder und Stader Tagesblatt mit Jessika Schley und Tatjana Augustin, von Miriam Fehlbus

Aus Bargstedt in die ganze Welt: Der Jebo soll trösten und helfen – Bewegende Geschichte steckt hinter dem Projekt

Bargstedt. Er ist handteller groß, erstaunlich hart und trägt neben der aufgestickten Schleife für Krebs eine Narbe. Wer Jebo geschenkt bekommt, hat eine erschreckende Diagnose hinter sich.

Der Geburtsort des kleinen Kuscheltier-Krebses ist Bargstedt. 2023 hat die stellvertretende Vorsitzende des Vereins Suumpfperlen, Jessika Schley, hier auf der Geeste das Grund Design entworfen. Schon mehr als 1600-mal wurde der Jebo seitdem in Handarbeit hergestellt und in alle Welt verschickt. Der Name und der Verein kommen aus Mönchengladbach, verbunden mit einer besonderen Geschichte.

„Entweder du bist schwanger oder totkrank“

Auf der Unterseite jedes Kuscheltiers steht der Name Jebo. Je-bo steht für die Erfinderin und Vereinsvorsitzende Jessica Böll aus Mönchengladbach und auch für einen besonderen Hund: Bobbi. Der Labrador hatte einst so aufdringlich geschnüffelt und sein Frauchen angestupst, dass Jessica Bölls Mann schließlich den rückblickend alles veränderten Satz sagte: „Entweder du bist schwanger oder du bist totkrank.“ Die damals 35 Jahre alte Mutter von zwei Kindern war nicht schwanger. Jessica Böll bekam 2022 die Diagnose Brustkrebs, es folgte Chemotherapie. „Wir hatten zuerst gedacht, dass wir den Kindern nichts davon sagen“, erzählt Jessica Böll am Telefon. Am Tag würden die damals zwei- und vierjährigen dank Perücke nicht merken, dass ihre Mutter die Haare verloren hat. „Aber das Trauma wäre doch viel größer, wenn sie nachts weinend aufwachen und ich dann plötzlich mit Glatze vor ihnen stehe.“

Jessica Böll überlegte sich, wie sie ihnen erklären sollte, was Krebs ist. Der erste Jebo-Krebs, den sie daraufhin erfand und bei einer Firma in Auftrag gab, wurde sehr unterschiedlich genutzt. Das eine Kind feuerte das Kuscheltier irgendwo gegen, weil seine Mutter krank und nicht so gut drauf war. Das andere kuschelte zum Trost mit dem Krebs. Und so wird er heute noch multifunktional genäht.

„Er ist hart, weil man ihn so gut mal an die Wand werfen kann“, sagt Jessika Schley während sie die Maschine sechs weitere Gesichter von Jebo sticken lässt. Die Maschine hat der Verein auch der Aktion Glückspfennig von Airbus zu verdanken.

Kostenlos für alle Betroffene, die sich melden

In dem Nähzimmer in Bargstedt stehen Kisten voll mit Einzelteilen des kleinen Krebses. Sie müssen noch mit Füllwatte ausgepolstert und zusammengenäht werden.
Auch Mützen und Kissen werden in Handarbeit genäht. Alles kommt am Ende in einer Wegbegleitertasche, für die eine Mail an die Suumpfperlen und unter Umständen die Übernahme des Portos reichen, um sie in den Händen zu halten. Praktische Dinge für die Chemotherapie gehören dazu.

Nähtreff in Harsefeld zum Kinderkrebstag

Der nächste Tag, an dem viele Ehrenamtliche mit helfenden Händen im Norden zusammenkommen, ist Sonnabend, 15. Februar. Es ist der internationale Kinderkrebstag. Von 10 bis 14 Uhr treffen sich die Freiwilligen im DRK-Seniorenheim, Ulmenweg 2 in Harsefeld. „Wir freuen uns über weitere Mitstreiter, ein paar Plätze sind diesmal noch frei“, sagt Tatjana Augustin aus Rübke. Auch sie kam wie Jessika Schley ohne eigene Krebsdiagnose und durch Zufall in den Verein. „Es macht Spaß ein bisschen zu helfen“, sagt sie.

Die 37 jährige bringt regelmäßig Handarbeiten aus dem Suumpfperlen- Repertoire ins Krankenhaus nach Harburg auf die Palliativstation. Und sie organisiert die Termine. Am 29. März wird im Mehrgenerationenhaus Courage in Neu Wulmstorf gearbeitet, am 26. April im Buxtehuder Begegnungscafe in der Bahnhofstraße 9, immer von 10 bis 14 Uhr.

Ein besonderer Termin wird das gemeinsame Nähen mit Betroffenen in der Rehaklinik Grömitz werden. „Es hilft, wieder ins Tun zu kommen, wenn wir in einer Depression feststecken“, sagt Jessika Schley.

Viele Farben für verschiedene Krebserkrankungen

Die kleinen Jebos haben verschiedene Farben. Sie richten sich nach den offiziellen Solidaritäts-Krebsschleifen. Für an Leukämie Erkrankte ist er orange, für Kinder goldgelb, der für an Brustkrebs Erkrankte Jebo ist pink.

Der Brustkrebs, für den es letztes Jahr eine Aktion mit den Suumpfperlen in Buxtehude hab, findet sich auch im Vereinsnamen wieder. Das doppelte uu symbolisiert die Brüste einer Frau. Sich aus dem Sumpf der Erkrankung wieder zu erheben, ist das Ziel aller Patienten. Wie es einem mit der Diagnose Krebs geht, ist schwer in Worte zu fassen. Jebo gibt dem Krebs ein Gesicht und ist noch einmal Helfer, wenn es um die Formulierung geht. In vielen Sprachen, etwas belarussisch, serbisch, kroatisch bedeutet das Wort „Scheiße“. „Der Name war wegen meiner Initialen reiner Zufall, aber es passt so gut“, sagt Jessica Böll.

 

Kontakt für interessierte Helfer per Mail: jessika.schley@suumpfperlen.de